Österreich: „Herr Kardinal, ehrena Chef in Rom is super“
Die Kirche in Österreich
befindet sich „in einem ganz großen Veränderungsprozess“. Das sagte Kardinal Christoph
Schönborn, Vorsitzender der Bischofskonferenz, im Gespräch mit Radio Vatikan. Die
Bischöfe Österreichs beginnen an diesem Montag ihren Ad limina-Besuch in Rom und werden
dem Papst und den Vatikan von der Situation der Kirche berichten. Diese Kirche wandle
„sich ganz deutlich von einer Volkskirche zu einer Entscheidungskirche“, so der Dominikaner
und Erzbischof von Wien. „Es hat sich insgesamt die Struktur der Kirche, aber vor
allem das Leben der Kirche in den letzten sechzig Jahren radikal verändert, die Pfarrgemeinde
ist eine kleine Schar geworden.“ Allerdings beobachte er in seinem Erzbistum „auch
eine neue Form der Gemeindebildung, weil sich Menschen dort einfinden, wo sie eine
lebendige Glaubensgemeinschaft finden, und nicht unbedingt dort, wo sie territorial
hin gehören.“ Den „Umbauprozess“ nannte Schönborn einen „notwendigen, aber auch einen
sehr spannenden Weg“.
Der Kardinal ist froh darüber, dass die Kirche durch
das neue Pontifikat aus den negativen Schlagzeilen herausgekommen ist. „Es herrscht
große Freude und Dankbarkeit über Papst Franziskus. Die Fiaker hier am Stephansplatz
sagen zu mir „Herr Kardinal, ehrena Chef in Rom is super“ (Ihr Chef in Rom ist super)!“
Vom Papst lasse sich lernen, dass die Kirche sich nicht übermäßig mit sich selbst
und ihren Strukturen beschäftigen solle. „Die entscheidende Frage ist, ob es uns im
Herzen brennt, die Menschen, die auf der Suche sind, aufzuspüren und einen Weg zu
Christus zu finden.“ In Wien gingen nur zwei Prozent der Bewohner sonntags in die
Messe. Da frage er sich: „Wo spielt sich das Leben der Anderen ab? Was bewegt ihre
Herzen? Was sind ihre Hoffnungen und Sorgen? Ihre Ängste? Berührt uns das als Pfarrgemeinden,
als christliche Gemeinden, sind wir hinter unseren Mauern gut und gemütlich beisammen
oder brennt uns die Frage, ob diese Menschen von Christus wissen? Das ist der Schuh,
der uns drücken müsste!“
Ehe und Familie: „Schwierigkeiten nicht überdramatisieren“
An
der Vatikan-Umfrage zum Thema Ehe und Familie hätten sich in Österreich 30.000 Menschen
beteiligt: „Das ist enorm und ein gutes Zeichen. Es ist großes Interesse da.“ Bei
der Auswertung der Antworten zeige sich, dass „die Wünsche, Hoffnungen und Sehnsüchte
sehr viel mehr mit dem überein stimmen, was die Bibel und die Kirche über Ehe und
Familie sagen“. „Das bleibt für sehr viele Menschen das große Wunschbild: Eine gelungene
Beziehung, eine gelungene Familie, eine Generationengemeinschaft im Familienverband.
Die Realität entspricht dem sehr oft nicht, und die Brücke zwischen dem, was erhofft
wird und dem, was gelingt, ist natürlich die große Herausforderung“, so Schönborn.
Es gehe darum, Wahrheit und Barmherzigkeit zusammen zu bringen. Ganz neu sei diese
Herausforderung allerdings nicht. „Ich denke mir immer, dass wir vergessen, wie wenig
selbstverständlich die Ehe früher war. Wir tun so, als ob das heutige nichtverheiratete
Zusammenleben von Menschen, was weitgehend eine Selbstverständlichkeit für die jüngere
Generation und nicht nur für diese geworden ist, als wäre das etwas absolut Neues
in der Geschichte der Menschheit. Ich denke, dass wir die Schwierigkeiten von heute
absolut ernst nehmen sollen, sie aber auch nicht überdramatisieren dürfen.“
In
dem Interview nennt Schönborn das Staat-Kirche-Verhältnis in Österreich „ein sehr
ausgewogenes und kooperatives“. „Gott sei Dank hält im Unterschied zu anderen europäischen
Ländern der Konsens zur Frage des Endes des Lebens – da ist wirklich ein Konsens der
politischen Parteien, dass die Euthanasie nicht der Weg Österreichs sein darf.“ Das
Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien sei deutlich gescheitert, die Allianz für den
Sonntag könne man als „eine der bestfunktionierenden gesellschaftsübergreifenden Allianzen“
bezeichnen.
Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Kardinal Christoph
Schönborn
Herr Kardinal, das letzte Mal, dass Österreich weltkirchlich
in Rom Erwähnung fand war die Predigt am Gründonnerstag 2012, in der Papst Benedikt
XVI. bezüglich der Pfarrerinitiative seine Sorge äußerte. Darum selbst ist es ja etwas
ruhiger geworden. Was für eine Kirche präsentiert sich zum ad limina Besuch jetzt,
zwei Jahre später? Wie geht es der Kirche in Österreich?
„Die Tatsache,
dass im Moment keine für die Medien interessanten Aufregungen über die Kirche in Österreich
vorhanden sind, ist weder ein Zeichen, dass es der Kirche schlecht geht, noch ein
Beweis dafür, dass es ihr gut geht. Die Medienberichterstattung über die Kirche und
das reale Leben der Kirche sind ja wirklich zwei zum Teil sehr unterschiedliche Dinge.
Ich habe das sehr deutlich bei der ganzen Frage der Pfarrerinitiative erlebt. Die
weltweite Wahrnehmung der Kirche Österreichs kannte nur ein Thema. Das ‚Alleinstellungsmerkmal‘
war der ‚Aufruf zum Ungehorsam‘. Wo immer ich Bischöfe aus der Welt getroffen habe,
wurde immer bemerkt „Ihr Arme, wie schrecklich!“ Ich habe dann immer erklärt, dass
von den Priestern, die wirklich den Aufruf gemacht haben, die wirklich nur ein ganz
kleiner Prozentsatz, fast im Promill-Bereich, der Priester ist. Dann war die Überraschung
immer groß. Da sieht man den Unterschied zwischen dem, was medial transportiert wird
und dem, was die Realität der Kirche ist. Geht es der Kirche in Österreich gut
oder schlecht? Sie ist in einem ganz großen Veränderungsprozess. Sie wandelt sich
ganz deutlich von einer Volkskirche zu einer Entscheidungskirche. Es hat sich insgesamt
die Struktur der Kirche, aber vor allem das Leben der Kirche in den letzten sechzig
Jahren radikal verändert, die Pfarrgemeinde ist eine kleine Schar geworden.“
Wahrheit
und Barmherzigkeit zusammen bringen
Was Rom ganz aktuell von der
Weltkirche möchte ist die Beantwortung der Fragebögen. Einige österreichische Bischöfe
haben sich ja bereits geäußert, so hat Bischof Elbs von der Notwendigkeit der Barmherzigkeit
gesprochen, in allen deutschsprachigen Bistümern zeigt sich eine große Diskrepanz
zwischen Lehre und gelebtem Glauben. Können Sie Ihre Auswertung beim Besuch anbieten?
„Wir
können unsere Auswertung natürlich nicht in so kurzer Zeit machen, es sind wenn ich
recht gehört habe 30.000 Antworten in Österreich gekommen, das ist enorm und ein gutes
Zeichen. Es ist großes Interesse da. Aber eine ernsthafte Auswertung braucht natürlich
mehr Zeit als wir im Moment zur Verfügung haben. Das Wichtige daran im Moment ist,
dass so viele Menschen sich daran beteiligen und dass ein so intensiver Interesse
an dem Thema ist.“
Aber wenn wir vermuten dürfen: Die Tendenz wird ja ähnlich
sein, zwischen Vermittlung des Glaubens und der Praxis in Familie etc. wird eine Kluft
sein.
„Ich würde es versuchsweise so sagen: Die Wünsche, Hoffnungen und
Sehnsüchte stimmen sehr viel mehr mit dem überein, was die Bibel und die Kirche über
Ehe und Familie sagen. Das bleibt für sehr viele Menschen das große Wunschbild: Eine
gelungene Beziehung, eine gelungene Familie, eine Generationengemeinschaft im Familienverband.
Die Realität entspricht dem sehr oft nicht und die Brücke zwischen dem, was erhofft
wird und dem, was gelingt, ist natürlich die große Herausforderung, vor der wir alle
stehen. Die ganz spannende Frage, die nicht erst Papst Franziskus stellt, die natürlich
schon das Evangelium stellt, ist Wahrheit und Barmherzigkeit zusammen zu bringen.
Die Barmherzigkeit Gottes und der Menschen, mit dem was nur teilweise gelingt oder
auch nicht gelingt oder ausdrücklich misslingt, und dem was erhofft und erwartet wird
und was auch Weisung und Wegweisung Gottes für den Menschen ist. Das zusammen zu bringen,
ist eine ganz schwierige Aufgabe, und die ist absolut nicht neu. Ein österreichischer
Bundeskanzler hat den Satz gesagt ‚Lernen Sie Geschichte!‘ Ich denke mir immer, dass
wir vergessen, wie wenig selbstverständlich die Ehe früher war. Wir tun so, als ob
das heutige nichtverheiratete Zusammenleben von Menschen, was weitgehend eine Selbstverständlichkeit
für die jüngere Generation und nicht nur für diese geworden ist, etwas absolut Neues
in der Geschichte der Menschheit wäre. Ich denke, dass wir die Schwierigkeiten von
heute absolut ernst nehmen sollen, sie aber auch nicht überdramatisieren dürfen.“
Stifte
und Klöster: Die Orden in Österreich
Ein weiteres Thema, das Österreich
sehr betrifft ist vom Papst ebenfalls deutlich angesprochen worden. In seinem Gespräch
mit den Ordensoberen hat er davon gesprochen, dass die Regelung des Verhältnisses
zwischen Bistümern und Ordensgemeinschaften nicht up to date sei. Dieses kennzeichnet
Österreich mit seinen Klöstern und Stiften ja sehr. Ihr Bistum hat ja ebenfalls viele
Pfarrer aus Klöstern und Orden …
„… 45 Prozent!“
Und österreichweit
ist es ähnlich. Muss auch Österreich nachjustieren oder kann Österreich vielleicht
sogar anderen ein Vorbild sein?
„Wir haben, glaube ich, ein sehr gutes
Miteinander der Orden und der Diözesen, ein jahrhundertelang eingespieltes, das aber
jetzt auch in Bewegung kommt durch die Reformschritte, die in unseren Diözesen notwendig
sind – die Pfarr-Reorganisationen, neue Pfarrstrukturen. Die Ordensgemeinschaften,
die bei uns viele Pfarren haben, müssen sich neu die Frage stellen, was eigentlich
ihre Ordensberufung ist, was das Ordens-Charisma ist und wohin sie zum Beispiel als
Salesianer oder Redemptoristen, als Benediktiner oder Zisterzienser gehen wollen.
Alle haben Pfarren, aber ist das auch die ursprüngliche Berufung? Ist in manchen Gemeinschaften
das Missionarische, das ganz wesentlich zu ihrer Berufung gehört, ein wenig ins Hintertreffen
gekommen durch die starke Einbindung in die Pfarren? Das sind Fragen, die die Orden
sich zur Zeit selber stellen, und zu diesen Fragen ermutigen wir sie auch, auch wenn
natürlich der Bischof froh ist, wenn möglichst viele Ordensleute Pfarren betreuen.
Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass das Verhältnis zwischen Orden und Diözesen
in unserem Land ausgesprochen positiv und gut ist, insofern kann man sagen, auch ein
wenig vorbildlich.“
Entwicklungsprozesse
Sie haben
die Veränderungen angesprochen, Ihr eigenes Bistum geht da ja einen klar strukturierten
Weg mit dem Diözesanen Entwicklungsprozess, nicht ganz ohne Verzögerungen, hin zu
Zusammenlegungen zu Großpfarreien und so weiter, es soll gemeinsame Leitungen mit
Laien und Priestern geben. Gibt es da schon Erfahrungen, die Sie der Weltkirche mitteilen
können?
„Eines ist sicher, Reformen sind notwendig, weil wir Strukturen
haben, die zum Teil auf das späte 18. Jahrhundert zurück gehen und die stark geprägt
sind von der Pfarrvermehrung des 19. Jahrhunderts und der Nachkriegszeit. Das entspricht
vielfach nicht mehr der Realität der schwindenden Katholikenzahl, aber auch der veränderten
Lebensgewohnheiten. Menschen gehen nicht automatisch in ihre Ortspfarre, wir stellen
fest, dass sehr viele der engagierten Mitglieder der Pfarren gar nicht in der Pfarre
leben, in der sie engagiert sind. Viele Menschen gehen in ihre Wahlpfarren. Das zeigt,
dass das Thema Gemeinschaft einen Vorrang hat vor der Frage der territorialen Zugehörigkeit.
Das wird sich durch die Demographie in den kommenden Jahren noch verstärken. Andererseits
zeigt sich auch eine neue Form der Gemeindebildung, weil sich Menschen dort einfinden,
wo sie eine lebendige Glaubensgemeinschaft finden und nicht unbedingt dort, wo sie
territorial hin gehören. Dieser ganze Umbauprozess steht für uns am Anfang, aber ich
glaube, dass wir ihn beherzt angehen. Angesichts aber der sehr bunten und verschiedenen
Struktur der Erzdiözese Wien können wir das nicht nach Rasterplan machen. Wir werden
nicht einfach ein vorgefasstes Konzept über die Diözese legen und sagen, das muss
jetzt so sein. Wir versuchen mit Pilotprojekten und unterschiedlichen lokalen Versuchen
neue Wege. Wir machen das ganz ehrlich durchaus auch, weil wir einfach nicht die Kräfte
haben, alle Pfarren zu halten, aber gleichzeitig auch, weil wir darin eine missionarische
Chance sehen, dass Katholiken mehr zusammen arbeiten und dass die Vielfalt des Lebens
der Kirche nicht unbedingt nur in der Pfarrstruktur sein muss sondern in dem, was
wir „Orte kirchlichen Lebens“ nennen. Wir sind auf dem Weg, ein notwendiger aber auch
ein sehr spannender Weg.“
Wo uns der Schuh drücken sollte
Ist
das die größte Baustelle in der Kirche Österreich oder gibt es noch andere Orte oder
Themen, wo Ihnen der Schuh drückt?
„Es ist zu unterscheiden: Wo der Schuh
drückt und wo der Schuh drücken sollte. Da sind zum Beispiel diese Strukturfragen
unserer Pfarren und der Organisation; ob das wirklich der Schuh ist, der uns am meisten
drücken sollte, ist die Frage. Ich glaube, dass die größte Frage ist, wie Menschen
ihre Sehnsucht nach Sinn, nach geistiger Beheimatung, nach Orientierung wieder neu
im Evangelium und in Christus finden können. Wenn wir uns nur mit unseren Strukturen
beschäftigen, dann machen wir das, was Papst Franziskus sehr stark als Selbstbeschäftigung
der Kirche kritisiert hat. Die entscheidende Frage ist, ob es uns im Herzen brennt,
die Menschen, die auf der Suche sind, aufzuspüren und einen Weg zu Christus zu finden.
Wenn ich das ganz nüchtern betrachte, von der Gesamtbevölkerung Wiens, den 1,8 Millionen
Menschen, die hier leben, machen etwas zwei Prozent vom Angebot des Sonntagsgottesdienstes
Gebrauch. Wo spielt sich das Leben der Anderen ab? Was bewegt ihre Herzen? Was sind
ihre Hoffnungen und Sorgen? Ihre Ängste? Berührt uns das als Pfarrgemeinden, als christliche
Gemeinden, sind wir hinter unseren Mauern gut und gemütlich beisammen, oder brennt
uns die Frage, ob diese Menschen von Christus wissen? Das ist der Schuh, der uns drücken
müsste!“
Gegenwind in der Gesellschaft
Eine Frage zu
Kirche und Gesellschaft: Von außen gesehen scheint es da ja etwas ungemütlicher zu
werden. Eine Partei, die FPÖ, macht mit „Liebe deinen Nächsten“ Werbung und meint
damit nur Österreicher, Sie selber haben sich in der Frage nach der Aufnahme von Flüchtlingen
stark gemacht, auch gegen die Politik und gesagt, dass sich daran entscheide, ob wir
noch eine solidarische Gemeinschaft sein wollen. Es gibt die Sonntagsinitiative, die
Initiative gegen Kirchenprivilegien aber auch, das heißt die angestammte Rolle der
Kirche in der Gesellschaft steht in Frage.
„Auch hier kann ich wieder nur
sagen ‚Lernen Sie Geschichte!‘ Das sage ich nicht zu Ihnen, sondern zu uns allen:
Schauen wir ein wenig in die Geschichte. Wir hatten ganz schwierige Situationen trotz
katholischem Kaiserhaus und quasi Staatsreligion des Katholizismus. Ich habe den Eindruck,
dass wir heute im Verhältnis Staat und Kirche in diesem Land ein sehr ausgewogenes
und kooperatives Verhältnis haben, in dem es natürlich Konfliktstoffe gibt, in dem
es natürlich – wie Kardinal König es genannt hat – eine große Wunde gibt, das ist
das Thema Abtreibung und Lebensschutz. Gott sei Dank hält im Unterschied zu anderen
europäischen Ländern der Konsens zur Frage des Endes des Lebens, da ist wirklich ein
Konsens der politischen Parteien, dass die Euthanasie nicht der Weg Österreichs sein
darf. Noch hält dieser Konsens.“
Aber mit dem Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien
hat es doch in der Vergangenheit starken Gegenwind gegeben.
„Das ‚Volksbegehren
gegen Kirchenprivilegien‘ ist das Begehren, das am wenigsten Stimmen von allen Volksbegehren
in Österreich hatte. Das spricht doch dafür, dass viele Menschen in diesem Land,
obwohl sie keine Kirchgeher sind, ein harmonisches Verhältnis zwischen Staat und Kirche
sich wünschen.“
Ein anderes Beispiel ist der Einsatz für den Sonntag, hat
hier die Kirche noch eine Stimme?
„Die Allianz für den Sonntag ist eine
der bestfunktionierenden gesellschaftsübergreifenden Allianzen, die es gibt und wahrscheinlich
auch europaweit ein ziemlich vorbildliches Miteinander, das die Gewerkschaften, große
Teile des Gewerbes, sogar Teile der Industrie und die Kirchen hier seit Jahren miteinander
eine operative Allianz haben, die es bisher geschafft hat, den arbeitsfreien Sonntag
zu verteidigen. Das ist schon beachtlich.“
Erwartungen an Rom und den
Papst
Blicken wir noch einmal nach Rom, wo das Wort Reform immer
wieder genannt wird. Was erwartet sich Österreich von den Reformen Papst Franziskus?
„Was
sich Österreich davon erwartet, das weiß ich nicht, ich kann aber von mir reden. Ich
kann nicht einmal von ‚der‘ Kirche in Österreich reden, die ein sehr breit aufgestelltes
und buntes Puzzle von vielen Gemeinschaften und Wirklichkeiten ist. Eines kann ich
feststellen und das stellen glaube ich die meisten von uns fest: Es herrscht große
Freude und Dankbarkeit über Papst Franziskus. Die Fiaker hier am Stephansplatz sagen
zu mir „Herr Kardinal, ehrena Chef in Rom is super“ (Ihr Chef in Rom ist super). Das
sagt sehr viel! Die Reformerwartungen, da kann ich nur sagen, dass wir Evangelii Gaudium
lesen sollen: Seht die Menschen zuerst mit den Augen Christi, nicht um die Wahrheit
beiseite zu schieben, sondern um zuerst einmal zu sagen, was Gott zu Christus bei
der Taufe gesagt hat: „Dieser ist mein geliebter Sohn“, dass Gott zu jedem Menschen
zuerst einmal sagt „Du bist mein geliebtes Kind“. Und nicht zuerst einmal zu fragen,
was alles im Leben nicht in Ordnung ist - diese Botschaft kommt durch Papst Franziskus
sehr stark an. Es ist kein Zufall, dass so viele Menschen, die der Kirche gegenüber
reserviert sind, spüren, dass es das ist, was das Evangelium meint. Es beeindruckt
mich, dass Menschen Glaubwürdigkeit spüren. Da kann man über unsere Gesellschaft schimpfen,
wie man will, Glaubwürdigkeit kommt durch.“