WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Sport
  3. Fußball
  4. Kolumne "Abseits": Ernst Happel war der größte Trainer der Bundesliga

Fußball Kolumne "Abseits"

Ernst Happel war der größte Trainer der Bundesliga

Heute vor 20 Jahren starb der legendäre HSV-Trainer Ernst Happel. Für seine Spieler war er keineswegs der Grantler war, als der er verschrien war. Sein Credo: "Angst steht bei mir in keinem Lexikon."

Das 50. Jahr der Bundesliga macht auch die Verstorbenen wieder lebendig, das ist ja das Schöne an Jubiläen. In zahlreichen Rückblicken werden Persönlichkeiten gewürdigt, und es wird oft versucht zu ermitteln, wer denn der Beste seines Fachs war. Doch wenn jemand behaupten würde, dass Ernst Happel der beste Trainer in 50 Jahren Bundesliga war, muss er nicht mit allzu viel Widerstand rechnen.

Natürlich gab es einige, die mehr Titel gewannen, aber an seine Aura reicht auch kein Udo Lattek oder Ottmar Hitzfeld heran. Seine Spieler damals beim HSV würden gewiss geschlossen für den heute vor 20 Jahren an Lungenkrebs verstorbenen Wiener votieren. Auch weil er für sie eben nicht der Grantler war, als der er verschrien war.

Die Journalisten wiederum hatten ihre guten Gründe. Pressekonferenzen mit Happel waren nicht gerade abendfüllende Veranstaltungen. So wünschte er dem Auditorium nach einem letzten Vorrundenspiel in den frühen Achtzigern auf den Wunsch nach einer kurzen Analyse lapidar "angenehme Feiertage", stand auf und ging.

Heute würde er dafür Ärger kriegen mit der Liga, den Inhabern der Fernsehrechte und wohl auch mit dem eigenen Verein, der schließlich sein Fan-TV bedienen muss. Damals waren alle froh, wenn sie mit ihm keinen Ärger bekamen. Es war noch die Zeit, als Trainer Autoritäten sein und ihre Ecken und Kanten haben durften. Erst recht, wenn sie so erfolgreich waren.

Mit dem HSV wurde er auf Anhieb Meister

Mit dem HSV wurde Happel auf Anhieb zweimal Meister, Europapokalsieger der Landesmeister, und er blieb in 36 Spielen unbesiegt – so was hat die Bundesliga nicht mehr gesehen. Der Triumph im DFB-Pokal 1987 zu seinem Abschied ist der bislang der letzte Titel des Traditionsklubs, mit ihm ging der Erfolg. Sein Mythos blieb.

Anders gesagt: Wo Happel war, war der Erfolg. Nur eine Ausnahme bestätigt die Regel. In Sevilla verstanden die Spieler den Wiener nicht, ein spanischer Übersetzer brachte seine Anweisungen nicht annähernd so an den Mann, wie eben nur er es vermochte. Bei seinen sieben anderen Vereinen in vier Ländern sammelten Happels Spieler dagegen 19 Titel ein, darunter zwei Europapokale und 1970 mit Feyenoord Rotterdam den Weltpokal.

55 Länderspiele für Österreich

Was war dran an diesem Mann? Natürlich war er absoluter Experte. Als Spieler brachte er es auf 55 Einsätze für Österreich, 1954 erreichte er das Halbfinale der WM, ehe ihm die Deutschen in die Quere kamen. Nach dem 1:6 gab es absurde Bestechungsgerüchte, die die Grundlage für Happels Abneigung gegen Journalisten gewesen sein sollen. Oft mussten sie hören: "Schreiben’s, was s wolln, ist mir eh wurscht." Fachlich war er ohnehin allen überlegen, ihm konnte keiner was vormachen. Happel ließ als einer der Ersten Raumdeckung spielen, denn "spielst in der Manndeckung, hast elf Esel auf dem Platz".

Seine Autorität wuchs, wenn er auf neuen Stationen sein Büchsenspielchen machte. Von der Strafraumgrenze schoss er meist mit dem ersten Versuch eine Büchse von der Latte, dann sollten es die Spieler nachmachen. Nur wer traf, durfte duschen gehen. In Den Haag, vor 50 Jahren, soll es keiner geschafft haben.

Die Enkel freuten sich auf „Opa Hamburg”

Happel war der Boss, das akzeptierten alle Spieler. Seinem Kapitän Horst Hrubesch bot er beim HSV nach ein paar Monaten das Du an, aber der lehnte ab. "Geht nicht, Trainer. Ich habe zu viel Respekt." Den bekamen auch andere, denn "Angst steht bei mir in keinem Lexikon". In Brügge warf er mal den Bürgermeister aus der Kabine, "denn hier bin i der Bürgermoasta". Und in Rotterdam ließ er den Bus nach einem Auswärtsspiel ohne den Manager abfahren, der sich eine Minute verspätet hatte.

Anzeige

Nur wer ihn nicht näher kannte, mag an das Bild vom schroffen Grantler glauben. Happel hatte auf alle Fälle eine weiche Seite. Großes Hallo herrschte bei den Enkeln, wenn "Opa Hamburg" sie in Wien besuchen kam. Nie kam er mit leeren Händen. Da gab er etwas, was er selbst zu wenig bekommen hatte.

"Ich bin ja nicht familiär aufgewachsen, nur bei der Großmutter. Es ist nicht angenehm, wenn du ohne Vater- und Mutterliebe aufwächst." Das erklärt ein Stück weit den Menschen Ernst Happel. Ebenso wie die Tatsache, dass sein ehemaliger Spieler Jimmy Hartwig noch immer regelmäßig Happels Grab besucht.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema